Sonstige Autoren:

1. Nitzschka gesehen von Walter Schormann
2. Auf Schusters Rappen die Heimat entdeckt
3. Es saßen die alten Germanen
 

1. Nitzschka

ein Bericht von Walter Schormann anno 2000

Vorgeschichte

3000 v. Chr. Jungsteinzeit Steingeräte am Windmühlenberg in der Hufe und am Rand der Muldenaue
1000 v. Chr. Urnengräber links der Straße nach Neichen am Rand der Neichener Flur ??
  500 v. Chr. Eisenzeit Germanisches Dorf auf den Windmühlenberg mit vielen Abfallgruben.

Geschichte

Zu unbekannter Zeit Besiedlung eines slawischen Dorfes Nitzschka. Vermutlich zuerst Unternitzschka als typisch slawischer Rundling um 1000 n. Chr. Burg am Muldenabhang mit deutscher Adelsfamilie. Daran wird sich das Straßendorf Obernitzschka mit deutscher Besiedlung nach 1150 angeschlossen haben.
Auch in Unternitzschka hat es dann ein kleineres Rittergut gegeben.
Um 1500 saß auf diesem Unternitzschka - Gut eine Familie von Canitz, deren Tochter Elsa von Canitz als Nonne im Kloster Nimbschen war.
Gleichzeitig saß auf Schloß Obernitzschka Heinrich von Zeschau, dessen Töchter Veronika und Margarete von Zeschau ebenfalls als Nonnen im Kloster Nimbschen waren, während sein Bruder Wolfgang von Zeschau Vorsteher des Augustinerklosters in Grimma und Freund Martin Luthers war. Sein Einfluß auf seine richten hat die Reformation ins Kloster Nimbschen gebracht und die Flucht von 9 Nonnen, darunter die drei aus Nitzschka und Katharina von Bora ausgelöst. Ostern 1523 hat der Kaufmann Leonhard Koppe aus Torgau mit Wissen Luther diese Nonnen nach Wittenberg gebracht. Das weitere Schicksal der drei Nonnen aus Nitzschka ist unbekannt.
Zur gleichen Zeit hat es auch einen um 1480 im Nitzschka geborenen Pfarrer Thomas Neuenhagen gegeben, der sich der Reformation anschloß.
Er hatte sein erstes Amt wohl in der Stadtkirche in Wurzen. Als der Bischof die Bekanntgabe des Banns gegen Luther verlangte, weigerte er sich, er wurde eingesperrt, entkam aber nach Wittenberg und wurde dann Pfarrer in Eisenach.
Zu katastrophalen Ereignissen wie dem Hussittenkrieg nach 1400, in dem das Nitzschka nahegelegene Dorf Söllnitz für immer zerstört wurde, bleibt Nitzschka unerwähnt. Ebenso im Dreißigjährigen Krieg, wo 1637 in der "Marterwoche" die Schweden Wurzen zerstörten und auch in Trebsen und Neichen Unheil anrichteten. Blieb Nitzschka verschont??
Die Fähre in Unternitzschka gab es schon in der Reformationszeit. 1798 wird der Dichter Johann Gottfried Seume an dieser Fähre abgebildet.
Nach 1814 besaß der Schriftsteller Siegfried Aug. Mahlmann, das Schloß Obernitzschka. Das Rittergut Unternitzschka war schon lang Obernitzschka angeschlossen worden.
1801 gab es einen Streit um ein neues Kirchengesangbuch, was ein großer Teil der Gemeinde nicht annehmen wollte.
1933-1945 war Nitzschka kein nationalsozialistisches Dorf. Eine Bauersfrau, Käthe Schormann war jüdischer Herkunft. Alle Dorfbewohner lebten freundlich mit ihr zusammen. Der Bürgermeister, Schuhmacher Max Naake verhinderte mutig, daß die Nazis ihr und ihrer Familie etwas antaten.
16.4.45: Die Amerikaner rücken von Weiten bis an die Mulde vor. Die Wehrmacht besetzt noch einmal das Dorf. Am 23.4. rücken, die Amerikaner ein, am 4.5. die Russen. Sie haben im Dorf 4 Menschen ermordet. Erst im Juli rückten sie bis Thüringen vor. In der nun folgenden DDR-Zeit wurden die Rittergutsfelder erst für Neubauernhöfe vergeben. Als Baumaterial für deren Häuser wurde das Schloß total abgerissen, bald aber alles in LPG umgewandelt.


2. Auf Schusters Rappen die Heimat entdeckt

Wanderungen im Muldenland - Von Obernitzschka zum Wachtelberg

Auszug vom Muldenspiegel 24. April 1995
...
Unsere Wanderung beginnt m Nitzschka, besser gesagt in Obernitzschka. Es ist hier die Gegend, wo die Mulde durch ein doch verhältnismäßig enges Sohlental mit hohen, steilen Talhängen ihre Bahn zieht, bevor sie sich dann in das romantische „Auenbett" legt. Der Ort Nitzschka wird um 1350 ersterwähnt. Einstüberragte das recht einfach gebaute Schloß im Rokokostil die dörflichen Gehöfte (1750 bis 1770). Von 1814 bis 1826 war es in Besitz des Dichters August Mahlmann, welcher sich nun hier, in dieser herrlichen Gegend, von den Kriegsjahren um 1813 erholte. Als Pächter und Redakteur der „Leipziger Volkszeitung" hatte er durch seine politische Haltung den Mißmut Napoleons herausgefordert und dieser ließ ihn am 26. Juni 1813 nach Erfurt bringen, um ihn dort einzukerkern.
...da fand der Dichter seine Lieder
Und eben dort fand der Dichter seine Lieder wieder, die vor ihm eingesperrte Lützower woran die Wände geschrieben hatten. Wieder frei gelassen konnte er die Schlacht und die Befreiung von Leipzig vor Ort miterleben und sie in glücklich jubelnde Verse umsetzen. In Obernitzschka widmete er sich dann ganz der Landwirtschaft und damit verbunden, naturwissenschaftlichen Studien. Später ging der Besitzer in die Familie von Carlowitz über. Die interessante Schloßanlage wurde 1945 abgerissen und das Vorhandene an Stallungen usw. ist in keinem guten Zustand. Auf dem Hof zeigt sich dem Besucher ein Autofriedhof, verziert" mit Grafitti-Schmuck". Leben ist dagegen im architektonisch wunderschönen Kuhstall des Gutes. Den zu erhalten, wäre eine wertvolle Aufgabe.
...
Weber


3. Es saßen die alten Germanen

Grabungen auf dem Nitzschkaer Winmühlenberg fördern Ahnen-Hausrat zutage

Nitzschka. Um es gleich vorweg zu sagen: Gerippe wurden nicht freigelegt. „Aber das hatten die Nitzschkaer wohl"auch gar nicht erwartet, und die Fachleute erst recht nicht. Schließlich birgt derWindmühlenberg Kiessande, die den Knochen längst jeglichen Kalk entzogen haben. Verrottet, vorbei.
"Seit dem l. März „buddelt" Klaus Bartel, der Grabungstechniker aus dem Dresdner Landesamtfür Archäologie, mit fünf ABM-Helfern nach steinzeitlichen Resten. Leider sei nich tmehr allzuviel zu retten, erfahren wir vor Ort von ihm. Beim Neuaufschluß der Kiesgrube, Ende'94, wurden die trächtigsten Schichten bereits abgeschoben.
•Wenn nicht, zufällig ein Grimmaer Experte vorbeigekommen wäre, hätte eine Grabung überhaupt nicht stattgefunden. Dabei hätte man das Terrain als fundverdächtig kennen müssen. Als in den 30er Jahren die benachbarte Kiesgrube eröffnet wurde, fanden sich etliche „Andenken" aus der Steinzeit.
Dennoch ist Grabungsleiter Bartel nicht ganz unzufrieden. Zum einen gibt es eine gute Zusammenarbeit mit dem bayerischen Betreiber der Kiesgrube. Und zum änderen entschädigen ihn und seine zeitweiligen Mitarbeiter einige schöne Funde für die harte „Freiluftarbeit". Tonlöffel und Spinnwirtel beispielsweise, Bruchstücke einer Getreidemühle, Reibesteine, mit denen die alten Germanen das Getreide mahlten, gehören zu den „Nitzschkaer Besonderheiten". Im mobilen Grabungsbüro ist jeder Fund säuberlich registriert. Fundzettel geben akribisch Grabungsort und konkrete Merkmale des gefundenen Objekts an. Uns erstaunte eine ganz anderere Tatsache: Was der Laie gar nicht erkennen würde, erweist sich für den Grabungsexperten als Abfall- und Hauspfostengruben unserer Altvorderen. Die haben immerhin schon vor 2500 Jahren auf dem Windmühlenberg gehaust. Klar, daß da nur noch Tonscherben übrig sind. Aber daß die Fachleute aus bloßen Verfärbungen im Kies Alter und Art der Funde bestimmen können, überraschte uns schon.
Bis Ende April sollen die urgeschichtlichen Grabungen in Nitzschka noch andauern. Die Grabungsstelle - 80 mal 70 Meter groß - wird fast noch verdoppelt. Vielleicht finden Klaus Bartel und Cornelia Müller, Manfred Röhr und Waldemar Zischewitsch, die wir bei unserem Besuch in der Grube trafen, noch besser erhaltene Siedlungsreste. Tierzähne waren übrigens schon dabei, leider so kaputt, daß jede weitere Bestimmung unmöglich ist. Oder lösen die Dresdner Archäologen doch noch das Rätsel?           Wulf Skaun