Hochwasser wirft Verein nicht aus der Bahn
Im Nitzschkaer Rittergut werden die Sachen getrocknet /
das nächstes Ritterfest findet im Sommer statt

Wurzen/Nitzschka. Die Lage am Muldeknick in Nitzschka, wo auch die Launzige mündet, ist idyllisch - und hat zugleich ihre Tücken. Der Verein zur Förderung umweltbewussten und sozialen Handelns, der seit 1998 das Rittergut in Nitzschka aufbaut, bekam es jetzt das zweite Mal zu spüren: Die Mulde ließ sich auch diesmal nicht von der dicken Natursteinmauer abhalten, die der Verein damals als erstes wieder aufmauerte. Im Garten, wo nur noch die Souterrainmauern des ehemaligen Schlosses stehen, hat sie das Gras mit Schlamm überzogen. Im von Wirtschaftsgebäuden gesäumten, leicht abfallenden Hof schaffte sie es bis zur Mitte. Da halfen auch die 150 Sandsäcke, mit denen die Feuerwehr den Durchgang zwischen beiden dicht gemacht hatte, nichts - das Wasser fand seinen Weg eben durch die Kanalisation. "Es stand sogar etwas höher als 2002", sagt Eberhard Friedrich (70), der die Vereinsgründung seinerzeit zusammen mit seiner Frau Annelies initiiert hatte, und führt dies auf den neuen Damm zurück.
Gestern räumten er und sein Sohn, Vereinsvorsitzender Jens Friedrich, sowie Sekretärin Kerstin Meier die unbrauchbar gewordenen Sachen aus dem durchnässten Lager - Restbestände eines Möbelfundus, den der Verein eine Zeit lang betrieben hatte. "Den Verlust können wir verschmerzen", sagt Eberhard Friedrich (70). Auch den Keller mit der Heizung hat es wieder überschwemmt. Aber darauf sei man vorbereitet: "Wir bauen Brenner und Elektronik vorher aus." Mehr Angst hat er um ein flaches Nebengebäude neben der Ufermauer. Türen und Fenster sind weit geöffnet, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Bis in 50 Zentimeter Höhe hat die Mulde einen Schmutzstreifen auf der weißen Wand hinterlassen. Die Räume habe man erst vor zwei Jahren fertiggestellt, stelle sie zum Beispiel für ein Sektfrühstück zur Verfügung, wenn in der benachbarten Kirche Hochzeit oder Taufe stattfindet. Jetzt bangt Friedrich um die Küchenmöbel und hofft, dass sich die Fußbodenfliesen nicht abheben. Eine Möglichkeit, die Rittergutsgebäude zu schützen, sieht er nicht. "Wir können nur hoffen, dass es nicht so oft passiert."
Leichtes Hochwasser, erzählt Friedrich, habe man übrigens jedes Jahr zweimal. Dann bilde die Mulde, die sonst einen Abstand von vier, fünf Metern hält, hier einen großen See und stehe kurz unter der Mauer. "Aber damit kann man leben." Ärgerlich sei lediglich der viele Müll, den die Mulde dann mitbringe und den man ebenso regelmäßig einsammle - der Vereinsname verpflichtet. "Die Idee für die Vereinsgründung war damals, Leuten, die keine Arbeit haben, über ABM eine Beschäftigung zu geben", blickt Friedrich, der lange bei einem Bildungswerk beschäftigt war, zurück. Am Anfang habe man teilweise an die 100 Leute gehabt und bei den verschiedensten Projekten geholfen, beispielsweise im Wurzener Krankenhaus bei der Archivierung. Bei der Suche nach einem Domizil brachte der damalige Bürgermeister Jörg Grundig das seit langem leer stehende und inzwischen halb zerfallene Rittergut ins Spiel. Eberhard Friedrich verliebte sich schnell in das Ensemble.
Inzwischen wurde viel angepackt - auch durch Studenten bei drei internationalen Workcamps. Etliche Vorher-nachher-Bilder belegen den positiven Wandel. Dabei gab es immer wieder Tiefschläge - nicht nur seitens der Mulde. 2007 machte Brandstiftung die Arbeit in Verwaltungsgebäude und Kuhstall zunichte. Dessen Aufstockung auf originale Höhe verhinderten Probleme mit der Statik.
Den Aktionen, zu denen der Verein ins Rittergut einlädt, tat all dies jedoch keinen Abbruch. Zur Mulderegatta bringe man sich als Rastpunkt ein. "Und auch sonst freuen wir uns, wenn Rad- oder Wasserwanderer halten und sich für das Gut interessieren", sagt Friedrich. Er trägt sich mit dem Gedanken, dass es zu einem Anlaufpunkt am Lutherweg werden könnte. "Denn zwei aus Nimbschen geflohene Nonnen waren von hier", weiß er. Außerdem veranstalte man regelmäßig Ritterfeste, zu denen nicht nur die Kinder aus dem Jugendclub im Wurzener "Schweizergarten", dessen Träger der Verein ist, eingeladen sind. "Auch Kinder aus Einrichtungen in Bennewitz, Machern und Leipzig waren schon hier", erzählt Friedrich. Und die Tradition werde auch trotz des Flutereignisses nicht ins Wasser fallen, versichert er: "Das nächste Ritterfest findet in den Sommerferien statt."
Ines Alekowa

Aufräumen nach der Flut: Eberhard Friedrich, Kerstin Meier und Jens Friedrich (v.l.) bringen eine Holzwerkbank zum Trocknen auf den Hof.Foto: Ines Alekowa

LVZ Muldental 5. Juni 2013