Furten und Fähren an der Mulde
Von Georg Grebenstein

Zu allen Zeiten haben zwischen Eilenburg, Colditz und Leisnig Menschen an den Uferrändern der Mulde gesiedelt, wie es Funde der verschiedenen Zeitepochen belegen. Das Wasser war für sie Nahrungsquelle, also die Voraussetzung zum Leben. Die Menschen fanden Stellen, wo es ihnen gelang, das Wasser zu durchqueren. Diese wurden durch Landmarken an beiden Ufern gekennzeichnet. Höhlte man einen Stamm aus, dann konnte sogar trockenen Fußes das andere Ufer erreicht werden. So verlief die Entwicklung von der Furt zur Fähre, der schwimmenden Brücke Die Furten waren später für den Straßenverlauf ausschlaggebend, als sich die „Trampelpfade" zu länderverbindenden Handels- und Heerstraßen herausbildeten. Diese ersten Anlagen sind dann von anderen Völkerschaften weiter ausgebaut worden. Es wurden auch neue Furten angelegt, weil der Fluß manchmal seinen Lauf verändert hatte. Die Furten waren seichte, leicht passierbare Flußstellen mit geringerer Wasserströmung. Beim Fährbetrieb hingegen brauchte man eine Strömung und einen höheren Wasserstand wegen der Eintauchtiefe der vollbeladenen Fähre, Deshalb waren an Übergängen, wo es eine Furt und später noch eine Fähre gab, diese Stellen meist räumlich voneinander getrennt.
Die zwei wichtigsten Straßenzüge unseres Gebietes waren im frühen Mittelalter die Reichsstraße, die „via imperia", und die Königsstraße, die „via regia". Die „via regia" hatte schon frühzeitig von Halle aus wegen der Furten an der Mulde als Salzstraße nach dem Osten Bedeutung, So gabelte sich diese Straße mehrfach und führte zu den Übergängen Eilenburg, Püchau, Wurzen und Trebsen.
Die Furten Döben und Colditz waren von der Reichsstraße über „das alte Schloß" im Oberholz zu erreichen. Unter der Herrschaft der Deutschen bildete anfangs die Mulde eine Grenzlinie. Sie wurde teilweise unter Verwendung slawischer Wallanlagen ausgebaut oder mit Neuanlagen gesichert und überwacht. Das waren die Burgwarde Eilenburg, Püchau, Wurzen, Trebsen, Nerchau, Döben, Grimma, Colditz, Leisnig. Die Flußübergänge waren wegen der Zölle gute Einnahmequellen für die Territorialherren. Starke Einschränkungen erfolgten mit dem Inkrafttreten der kurfürstlichen Zollordnung im Jahre 1462. Der gesamte Fernhandel durfte nur die Straße über Eilenburg oder Orimma benutzen, dort, wo es Furt und Fähre gab.
 
 

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Zwischen 0ber- und Unternitzschka bestand eine Fährverbindung nach Rothersdorf, 
die Seume 1788 benutzte, um nach Wurzen zu gelangen. ( siehe Personen Seume)
Fast 50 Jahre lang, bis zum 4, Juli 1954, versah das Ehepaar Fleischhauer hier den Fährdienst, 
und in dieser langen Zeit ist von der Fähre nur der Zylinder einer Hochzeitsgesellschaft ins Wasser gefallen. 
Bei dem Hochwasser 1954 ist das stählerne Fährseil durch Treibgut gerissen.
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Auszug aus dem Bericht!!!


Die Mulde floß auch mal durchs Oschatzer Land
Zur Geologie des Muldengebietes. Von Adolf Böhm und Frank Kirsten

Hervorbrechend nahe am Kamm des Erzgebirges aus den Hochmooren, die sieb von Schöneck bis zum Kranichsee erstrecken, aus dichten Wäldern, wo noch der Auerhahn balzt, tummelt sieb die Zwickauer Mulde über ,goldbraun-schimmernden Grund und weiße Kiesel, über rote Granaten und schwarzen Turmalin zunächst in nordöstlicher Richtung, als wollte sie auf geradem Wege die weit ostwärts davon auf bömischen Boden hervorquellende Schwester suchen. Aber gewaltige Flöze von Urtonschiefer und Gneis drängen sich zwischen die Sehnsüchtigen, und so finden sie nach vielgewundenen, manchmal dem Ziel fast abgekehrten Laufe erst weit im Norden den Vereinigungspunkt.
(aus „Kursächsische Streifzüge" von 0. E. Schmidt. 1912)
Die Vereinigte Mulde durchfließt in den Kreisen Grimma und Wurzen den Übergang zwischen dem Sächsisch-thüringischen Bergland und der Norddeutschen Tiefebene. Während bei Grimma die Bergkuppen bis auf 200 m NN aufragen, erreichen sie bei Wurzen nur noch 150 m NN. Danach tritt der Fluß in das Flachland ein, das bei Eilenburg eine Höhe von 100 m NN erreicht. Das hauptsächlich aus Porphyren bestehende Festgestein, das bei Grimma unmittelbar bis an den Flußlauf herantritt, senkt sich ab Wurzen immer tiefer ab und wird hier mit mächtigen Lockergesteinsschichten bedeckt. Unter dem sich ab Wurzen ehemals in mehrere Arme verzweigenden Wasserlauf liegen meterdicke Schichten aus Schotter, Sand und Ton.
Die geologischen Aufschlüsse im Muldengebiet
An mehreren Stellen kann entlang der Vereinigten Mulde das anstehende Fest-und Lockergestein unverhüllt von Pflanzenwuchs oder. Bodenbedeckung unmittelbar betrachtet werden. Meist sind es aufgelassene Steinbrüche und Kiesgruben, in denen sich die Vielfalt der Formen, Arten, Schichtungen und Strukturen dem Betrachter darbieten.
So steht am Rabenstein bei Grimma und im Grimmaer Stadtwald der Rochlitzer Porphyr an. Am Schörnerberg (Steinbruch), in der Nähe des ehemaligen Unteren Bahnhofes Grimma, erkennt man in der Felswand die durch farbliche und strukturelle Unterschiede gekennzeichnete Kontaktzone zwischen dem Grimmaer und dem Gattersburger Porphyr. Diese Porphyre wurden hier bis vor einigen Jahrzehnten als Schotter für den Straßenbau gewonnen. Bei Döben ist der Grimmaer Porphyr mit mehreren steilen Felswänden, z. B. an der „Feueresse", gut zu erkennen. Am Wachtelberg bei Wurzen ist an der Westflanke in einem ehemaligen Steinbruch Pyroxengranitporphyr aufgeschlossen. Bei regenfeuchter Felswand und Einstrahlung der Abendsonne brechen die Quarzeinsprenglinge das Licht und erzeugen eine hellglänzende Fläche.
Auch die oberen Schichten des Lockergesteins sind an vielen Orten im Muldengebiet sichtbar. Die abgelagerten Schotter und Sande werden entsprechend ihrer Herkunft hauptsächlich in zwei Gruppen unterschieden. Enthalten sie Feuersteinreste, haben sie ihre Entstehung den eiszeitlichen Gletschern und Schmelzwasserströmen zu verdanken, die Feuersteine als Geschiebe aus dem Norden mitbrachten. Sind sie feuersteinfrei, handelt es sich um Gesteinsverwitterungen vor der Eiszeit. Danach läßt sich z. B. das Alter der vorgefundenen Schotterkörper bestimmen.
Von wirtschaftlicher Bedeutung in unserem Muldengebiet sind die rinnenartig verlaufenden Schotter- und Kiesschichten gleicher Zusammensetzung und Herkunft, die den Verlauf ehemaliger Flußläufe anzeigen und wegen ihres Grundwasserreichtums und wegen der Kiesgewinnung für die Bauwirtschaft von Bedeutung sind.
Im Tertiär, vor ca. 50 Millionen Jahren, vollzogen sich im Muldegebiet weitere Vorgänge, die auf die Geologie unserer
Heimat Einfluß hatten. Durch das subtropische Klima verwitterten die noch weitgehend nackten, teilweise feldspatreichen Oberflächen der Porphyrhügel zu Kaolin, den wir heute als Rohstoff für die Porzellanherstellung bei Colditz und Grimma-Hohnstädt vorfinden. Im tropischen Klima des mittleren Tertiärs wurde die Braunkohle gebildet, die im unteren Muldegebiet als zusammenhängender Flöz vermutet werden kann, während oberhalb Wurzens Braunkohle in mehreren lokalen Senken entstanden ist. Bei Altenbach, Pausitz und südöstlich von Grimma wurde Braunkohle aus derartigen lokalen Vorkommen jahrzehntelang gefördert. Durch Verkittung tertiärer Sande und Kiese entstanden als geologische Besonderheit im Betrachtungsgebiet die Knollensteine (Tertiär-quarzite), zu denen der „Lochstein" und der „Teufelsstein" im Thürnmiitzwald und der Knollenstein am Göschenhaus in Grimma-Hohnstädt zählen.
Die pleistozänen Muldeläufe
Erst im Eiszeitalter (Pleistozän), dessen Beginn etwa vor 1,5 Millionen Jahren anzusetzen ist, wurde die heute sichtbare Gestalt des Muldengebietes endgültig geformt. Der Fluß, der vor der Eiszeit an der Wende vom Tertiär zum Quartär, aus dem Erzgebirge kommend, seine Wassermassen nach Norden transportierte, entwässerte nur das Einzugsgebiet der heutigen Zwickauer Mulde. Nach seiner damaligen Fließrichtung von Colditz, westlich an Grimma vorbei nach Brandis und Machern bezeichnen ihn die Geologen als Brandiser Muldelauf. Die zurückgebliebene Schotterrinne konnte in Grimma-West, Polenz und bei Machern (Pehritzschberg) nachgewiesen werden.
Die Wasser der Freiberger Mulde hatten sich in jener Zeit einen Weg von Döbeln über Oschatz und Dahlen nach Schildau gesucht. Die Schotterkörper bei Dahlen und Schildau mit gleicher Herkunft belegen diesen Oschatzer Muldelauf. Vor etwa 470 000 Jahren erreichte die Inlandvereisung das Muldengebiet. Mit dem Eisvorstoß in der sogenannten Elsterkaltzeit (l. Kaltzeit) erreichte das Eis seine südlichste Grenze von Dresden über Nossen und Karl-Marx-Stadt nach Zwickau, die sogenannte „Feuersteinlinie". Von dem vordringenden Eis beeinflußt, änderte damals der Brandiser Muldelauf seine Laufrichtung und floß von Grimma-West nach Altenhain, bog hier nach Nordosten ab und erreichte östlich des Wachtelberges das breite Tal zwischen Wurzen und Thallwitz, In diesem Altenhainer Muldelauf stehen heute ergiebige Brunnen bei Pausitz und die der Wurzener Wasserwerke. Danach unterbrach die von Norden heranrückende Eisfront den Wasserabfluß in allen genannten alten Flußläufen. Nach Abschmelzen des Eises waren die alten Flußbetten zugeschüttet und mußten neu geschaffen werden. In der Erwärmungsperiode ne.ch der Elsterkaltzeit (l. Kaltzeit) vor ca. 300 000 Jahren floß die heutige Zwickauer Mulde, in einem neuen Bett, das von Großbothen aus nach Nordwesten über Naunhof nach Leipzig führte und Leipziger Muldelauf genannt wird. Bei Pomßen, Naunhof und Beucha wurden mächtige Schotterkörper abgelagert, die heute intensiv von der Bauindustrie genutzt werden. Aus den Restlöchern der Kiesgewinnung wurden  ideale  Badegewässer.  Der Grundwasserstrom entlang des Leipziger Muldelaufes wird mit zwei großen Wasserwerken in Naunhof zur Wasserversorgung Leipzigs genutzt. Auch die Freiberger Mulde mußte sich ein neues Bett schaffen, und zwar von Ostrau durch das Jahnatal nach Riesa direkt zur Elbe. Dieser Riesaer Muldelauf wurde ebenfalls an mehreren Stellen, z. B. bei Hof (Kreis Oschatz), mit mächtigen Schotterkörpern belegt. Der erneute Bisvorstoß während der sogenannten Saalekaltzeit überzog nochmals unser Muldengebiet, erreichte jedoch die Feuersteinlinie nicht, mehr. Es kam dabei wiederum zur Verschüttung der Flußläufe.
Als sich das Eis vor ca. 150 000 Jahren zurückzog, mußten sich die vom Erzgebirge herabströmenden Wassermassen erneut neue Flußbette schaffen. Es entstand dabei im wesentlichen das heute bekannte Flußsystem der Mulden. Auftretende Eisstillstände und kurzzeitiges Eisvorrücken verursachten Wasserstau und Aufschüttung von mitgeführten Schottern und Sanden. Dabei entstanden die Hochflächen (Schotterterrassen) beiderseits der Vereinigten Mulde zwischen Nerchau und Wurzen. In der nachfolgenden Weichselkaltzeit vor 110 000 Jahren erreichten die Inlandgletscher zwar nicht mehr unser Heimatgebiet, aber es kam durch Rückstau zu erneuten Schotterablagerungen, ohne daß jedoch das Flußsystem wesentlich verändert wurde:. Damals entstanden die mächtigen Schotterkörper zwischen Wurzen und Thallwitz. In der nachfolgenden erdgeschichtlichen Zeit des Holozäns wurden vor etwa 10000 Jahren durch Wasserstandsschwankungen nur noch unmittelbar im Muldental Schotter, Sand und Auelehm abgelagert, die durch Hochfluten teilweise wieder abgeschwemmt wurden. Wirtschaftlich nutzbare Auelehmlagerstätten finden sich am Rande der Niederterrasse, z. B. bei Deuben und Lübschütz. So entstanden Morphologie und Landschaft des Muldengebietes im Wechselspiel der Natur über einen Zeitraum von etwa 250 Millionen Jahren.

Eine ausführliche Betrachtung über „Die geologischen Verhältnisse der Kreise Wurzen, Oschatz. und Grimma" von Dr. Dieter Händel veröffentlichten wir in den Heften l u. 2\1977.
 
 
 


Muldenprofil zwischen Bach und Nitzschka

Muldenprofil zwischen Tempelberg und Schomerberg bei Grimma

Die pleistozönen Muldenläufe (vereinfachte Darstellung)